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Meine Kanäle: Comedy & Cartoons / Reise-Abenteuer / Vlog-Schrott
16. April 2008 / 11:55
OZ (Ost): April 16, 2008 / 19:55

AUSTRALIEN-REISE

Stadtqueens: Size matters

Ich bin aufgewachsen in etwas, das man in Deutschland Dorf nennt. Dieses Dorf lag zwischen zwei Punkten auf der Landkarte, die gemeinhin als Kleinstadt* bekannt sind waren**. Größe ist etwas, das ich nie besonders gut einschätzen konnte, weshalb ich sicher manches Mal Schwierigkeiten hatte, mir einzugestehen, dass die Stadt, in die ich mit 20 Jahren zog, angesichts seiner offiziellen Normzugehörigkeit „Großsstadt“ etwas pimpfig wirkte – und das obwohl die Zahl Zweihunderttausend mich noch bis heute beeindruckt, mit seinen Fünf Nullen.

In einem Land wie Deutschland, dessen Siedlungen so dicht gepackt sind, dass zwischen manchen Städten bisweilen künstliche Grenzen gezogen werden müssen, um sie überhaupt noch voneinander zu unterscheiden, müsste das allerdings keinen Unterschied machen. Denn welche Häuseraneinanderreihung auch immer im Rückspiegel entschwindet – nach spätestens zwei Minuten schiebt sich schon die Nächste ins Blickfeld. In Deutschland ist man also nie wirklich allein. Daran habe ich mich gewöhnt, und eigentlich mag ich das auch so. Auch in Berlin. Und wurde es mir einmal zu viel, so blieb zumindest immer noch die Illusion der Einsamkeit: Mit der Bahn raus aus der Stadt und dann von jedem Punkt in Brandenburg aus in 1 Minute zu erreichen.

Deutsche Städte definieren sich, das glaube ich, auch durch ihr Verhältnis von der Einwohnerzahl zur Anzahl der Geschäfte. Das habe ich aber erst als Heranwachsender gelernt – nämlich als ich im Alter von Zwölf erstaunt feststellen durfte, dass es Ortschaften gab, die mehr als nur einen Bäcker, ein Schreibwarengeschäft, zwei Supermärkte und eine Post besassen. Ich fand das damals für 600 Einwohner eigentlich schon recht üppig.

In Australien dagegen entscheiden andere Kriterien, was nötig ist, um als Stadt auf einer Landkarte verzeichnet zu werden. So reicht oft schon das bloße Vorhandensein eines Kiosk oder einer Tankstelle. Wohnhäuser sind gar nicht nötig. Eine Stadt in Australien ist also immer, was man daraus macht – und der Abstand zwischen ihnen macht sogar das Ortsbegrenzungsschilder überflüssig.

Die letzten drei Städte, die ich in den vergangenen 8 Stunden mit Charlie durchquert habe, dürften zusammengenommen nicht mehr als 50 Einwohner zählen – doch diese Einwohner leben im Schlaraffenland, bleibt ihnen doch die Auswahl zwischen 4 verschiedene Supermärkten, 3 Post-Offices, 3 Tankstellen und 2 Polizeistationen. Nur eine Unesco-Weltkulturerbestätte müssen die drei sich teilen.

Das Geheimnis dieser Zehn-Haus-Städte sind natürlich die Touristen. Und würde man diese zu den Bewohnern zählen, macht natürlich auch die hohe Polizeipräsenz wieder Sinn. Unterbeschäftigt ist diese zwar trotzdem, aber das hält sie erst recht nicht davon ab, ahnungslosen Gelegenheitsparkern aufzulauern und mit Bußgeld zur Ordnung zu rufen, wenn diese einen einsamen 60°-Angle-Auto-Abstellplatz nur mit 45° beparken. Derlei Autofehlstellungen werden mit bis zu 7 Dollar je Grad geahndet. Dies gilt im übrigen auch dann, wenn der Parkvorgang eine Länge von 3 Minuten nicht überschreitet, und der Autoführer noch zur Landkartenauswertung im Fahrzeug sitzt. Nein, dann erst recht. Und diese Lärm- und Abgasbelästigung durch den noch laufenden Motor muss natürlich auch verwarnt werden. Und Pesonaliencheck. Und Alkoholkontrolle. Alkohol ist ohnehin so verboten in diesem Land, dass der Genuß an sich in vielen Innenstädten schon eine Straftat darstellt. Aber wo bei einer 10-Häuser-Stadt jetzt genau das „Innen-“ beginnt, konnte ich bisher noch nicht herausfinden…

*Sogar als Doppelstadt: Waldshut-Tiengen. Nach neuesten Erhebungen 22.586 Einwohner!
**Inzwischen nämlich als Stadt

 
 


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