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Meine Kanäle: Comedy & Cartoons / Reise-Abenteuer / Vlog-Schrott
14. Dezember 2007 / 11:52
Thailand: December 14, / 2007 17:52

THAILAND-REISE

Im Pickup um die Provinz Chiang Mai

Mein Reisepartner Mic scheint Beziehungen in alle Teile des Landes zu unterhalten – egal welche Routen wir uns überlegen, irgendein Cousin, irgendeine Tante oder Freundin lebt immer schon vor Ort, um uns großzügig Unterstützung anzubieten. In Chiang Mai zum Beispiel ist es sein Cousin, den er liebevoll „Bruder“ nennt.
Mit seinem scheinbar überdimensionierten Pickup-Truck holt uns der 1,55m große Mann mit der flachen Nase und den lustigen Augen vor dem Hostel ab. Im Fahrzeug sitzen außerdem seine Frau und die 5-jährige Tochter, die scheu die zugestiegenen Gäste ignoriert. Seine Frau begrüßt uns herzlich, und an irgendjemand erinnert mich der Cousin – nur komme ich nicht drauf, an wen.
Als ich einsteige, weht mir eine dezente Mischung aus Neuwagen und Knoblauch entgegen; im Fahrzeug-Boden pendelt eine Flasche Johnny Walker. Die sei für Bar-Besuche, um Geld zu sparen, erklärt Mic. Anschnallen ist kein Pflicht, doch die Gewohnheit siegt.

Schirmherstellung in Chiang Mai

Neben dem Doi Suthep ist Chiang Mai auch bekannt als Stadt der Schirme: Aus Papier, aber wasserdicht versiegelt werden sie in einer Fabrik nach alter Tradition von Hand gefertigt und anschließend kunstvoll bemalt. In der öffentlichen Werkstatt, in die uns Mics Cousin als erstes chauffiert, lässt sich den behänden Arbeitern bei ihrem Handwerk zusehen.
Wer mag, kann seine mitgebrachten Taschen und T-Shirts von den Schirmmalern mit Motiven aus Drachen oder Landschaften veredeln lassen, und im großen Laden nebenan stehen Preistafeln für den Export der großen Sonnenschirme in aller Herren Länder.

Schirme

Eine Ecke des Raums zieht meine Aufmerksamkeit auf sich, denn dort erfahre ich, dass auch illustre Gäste diesen Ort bereits beehrt haben. Neben einem chinesischen Pronvinz-Präsidenten, war hier 1988 auch die britische Prinzessin Lady Di. In einem königlichen Schreiben ließ sie hernach ausrichten, wie viel Freude sie an den dort erstandenen Schirmen habe, und dass diese vor allem den Prinzen William und Harry königliches Vergnügen bereiteten. Unter den vielen Fotografien und Dankesschreiben, stapelten sich außerdem einzelne Schirme, die von prominenten Besuchern, wie einem Tennisspieler oder dem chinesischen Provinz-Präsidenten bemalt wurden. Ein besonderes Exemplar, und gut gegen Staub und Witterung in Cellophan geschützt, ist dabei der Schirm der Königstochter Prinzessin Maha Chakri Sirindhorn. In einer gut dokumentierten Zeremonie hat sie das weiße Papier mit einigen Worten in Thai-Script veredelt. Auch der „Thron“ auf dem sie dies tat, wurde liebevoll in einer wasserdichten Plastikummantelung verschweißt, damit kein Molekül, das vom königlichen Hintern auf dem Sitz zurückgeblieben ist, verloren geht. Nicht zum ersten und auch nicht zum letzten Mal zeigt sich der thailändische Hang, alles, was von einem Mitglied der königlichen Familie verwendet wurde oder auch nur mit ihr in Berührung kam, wie Reliquien zu verehren.

Prominente Schirme

Es ist schon fast mittag und wir beschließen in ein nahegelegenes Restaurant zu fahren, welches sich idyllisch zwischen ein paar Schilfrohre und Reisfelder einschmiegt. Die vier Thais beobachten mit diebischen Vergnügen, wie ich mich durch die unbebilderte Speisekarte quäle und schließlich für etwas entscheide, was ich dann später unter Garantie nicht essen will. Höhepunkt des Mahls ist jedoch der Moment, in dem Mic meinen Namen in Thaiscript schreibt, um den anderen die Ausprache zu erklären. Der darauf folgende Singsang, in dem als einzig verständliche Vokabel hin und wieder mein Name auftaucht, erklärt endlichen den Eindruck, den ich schon wenige Stunden zuvor hatte. Es ist die Faszination, die mich schon als Zwölfjährigen ereilte, als ich zum erste Mal Die Rückkehr der Jedi-Ritter im Fernsehen sah und ganz begeistert dem albernen Glucksen der Ewoks lauschte. Dieser Mann, den mir Mic als seinen Cousin vorgestellt hatte, war in Wahrheit ein Ewok! Die Augen, die Nase, die lustige Sprache – klarer Fall!
„Gunda! Kewabwa gumbi andelu, Manfred!“ – „Gambi wumbu Wikket.“

See vor einem der Wasserfälle

Nach einer weiteren Stunde Fahrt über verschlungene Straßen, vorbei an terrassenartigen Plantagen und durch dichten Wald hindurch erreichen wir einen Flusslauf, der über den 10-stufigen Wasserfall Mae Sa ins Tal rauscht. Ich muss ja leider zugeben, dass Begeisterung für Wasserfälle bei mir nur unter besonderen Umständen auszulösen ist. Ich finde Wasserfälle sollten groß sein. Niagarafälle-groß oder Gullfoss-groß. 10 Stufen mit kleinen Minifällen tun es nicht unbedingt.

Mae Sa Wasserfall

Trotzdem ist die Landschaft sehr reizvoll – die Wege sind leicht zugänglich, und das Wetter angenehm trocken und kühl bis lauwarm. Der ideale Ort für ein Picknick – und der Ort, an dem ich meine erste Trinkkokosnuss kaufe. Ich werde abhängig (und schließe inzwischen übrigens aus, dass meine Magenverstimmung von Kokosnüssen herrührt. Etwas, das so lecker schmeckt, kann nicht krank machen.)

Als es langsam dunkel wird (wobei es in Thailand nie „langsam“ dunkel wird, was an der Nähe zum Äquator liegt), kehren wir zum Hostel zurück und verabreden für den nächsten Morgen eine Fahrt in den gut zwei Stunden entfernten Doi Inthanon Nationalpark. Während Mic den Tag auf dem berühmten Chiang Maier Sonntagsmarkt ausklingen lässt, endet mein Abend mit der bereits erwähnten Thai-Prügelei-Massage.

Urwald

Das erste Ziel des neuen Tags war gleichzeitig der vorläufige „Höhepunkt“ meiner Reise. Gleich neben dem Neutronen-Forschungszentrum der Prinzessin Maha Chakri Sirindhorn (die auch als „Princess of Technology“ bekannt ist) liegt der höchste Punkt Thailands: 2565m über dem Meeresspiegel. Es ist erstaunlich kühl, wenn man es mit dem ebenfalls hoch gelegenen Chiang Mai (1685m) vergleicht. Der Gipfel ist grün und dicht bewaldet und beherbergt einige kleine buddhistische Minitempel. In einem Kiosk am Rand des Touristenpfads werden warme Getränke verkauft, welche ich – mit einem einfachen T-Shirt bekleidet – in Massen zu mir nehme. Einige professionelle Fotografen haben sich an diesem Morgen hier eingerichetet, um der reichen Vogelwelt mit gigantischen Teleobjektiven aufs Gefieder zu rücken. Als ich einem von ihnen versehentlich vor die Flinte laufe, fange ich mir einen Rüffel ein.

Zwei Pagoden

Etwas bergabwärts landen wir bei den Chedis von Napamaytanidol – einer Anlage, die auch auf der Insel Mainau gedeihen könnte, stünden sich da nicht zwei buddhistische Pagoden gegenüber, die dem jeweils 60. Geburtstag der Königin und des Königs gewidmet sind. Leider versperrt uns die tiefhängende Wolkendecke den (angeblich) atemberaubenden Blick auf das Umland, doch die im wabernden Wind mysthisch auftauchenden und wieder verschwindenden Spitzen der beiden großen Kegel, entschädigen für die entgangene Attraktion. Auch das Innere der beiden Tempelhüte ist elegant gestaltet und bietet den Nicht-Buddhisten auf englisch-sprachigen Schrifttafeln Informationen über den Ursprung des Buddhismus.

Innerhalb der Pagode

Ich werde zwar wohl nie ein Fan werden von organisierter Religion.
Eines muss man dem Christentum, dem Islam oder dem Buddhismus aber lassen: Sie wissen wie man umgeht mit Protz und Prunk. Als Kind habe ich katholische Kirchen immer bewundert: Den Glamour, den weißen, blauen oder rosa-farbenen Stuck. Den nuttigen Kitsch, die Stillosigkeit, die güldenen Putten und androgynen Jesus-Figuren. Den eigentlichen Gottesdienst fand ich zum Sterben langweilig, aber vom Reichtum an den Wänden war ich hin und weg. Ähnlich verhält es sich auch mit dem Kitsch des Buddhismus, dem ich noch nie zuvor so direkt ausgesetzt war, wie auf dieser Reise. Einerseits hält mich die Faszination über die verschiedenen Formen, Farben, Arm- und Sitzstellungen des Buddhas in ihrem Bann. Mit viel Aufmerksamkeit verfolge ich die kleinen Gesten des Alltags, die den Mönchen entgegengebracht werden, betrachte die kleinen Schreine, die Taxifahrer auf dem Armaturenbrett ihres Fahrzeugs errichtet haben, oder blicke in die Vogelhäuschen-großen Minitempeln, welche die Thais vor jedes Haus stellen, in der Hoffnung, dass sich ein schützender Geist darin nieder lässt.
Einerseits.
Andererseits irritiert mich diese vollständige Hingabe an Objekte und Paläste, die Durchführung von Riten, Aufsagung von Formeln und Befolgen von Regeln, die nach allem guten Dafürhalten einfach keinen wirklichen Sinn haben können, außer vielleicht dem einen: Dem Menschen klarzumachen, wie klein und unbedeutend er ist, im Vergleich … ja, im Vergleich zu was eigentlich?
Natürlich kann ich mich als Tourist auf die Position stellen, den buddhistischen Rummel einfach niedlich zu finden – oder irgendwie „spannend“, so wie das einige meiner Freunde in Deutschland tun. Buddhismus gilt bei vielen Deutschen als Life-Style-Religion, und ich frage mich langsam, aufgrund welcher Basis das so ist? Weil der Buddhismus so friedlich ist? Oder so lebensfroh? Oder einfach aus purer Neugier für das Unbekannte? Dabei finde ich ihn nicht unbedingt weniger sex- oder frauenfeindlich als den Katholizismus, und so wahnsinnig Regelkonform lebt der Alkohol-trinkende und Tier-essende Buddhist nun auch nicht gerade. Es fällt mir schwer, eine befriedigende Antwort auf meine Frage zu finden. Vielleicht hindert mich daran auch einfach mein genereller Argwohn gegenüber jeder Art von Authorität. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich die Milliardenfach in Plastik gepressten Religions-Symbole auch einfach nicht so schick finde, wie die Großen, Antiken, die seit hunderten von Jahren in den jeweiligen Anbetungstempeln stehen. Und die hier in Thailand haben wenigstens etwas, das ich damals in der katholischen Kirche vermisst habe: Stil.

Chiang Mai bei Nacht

Es ist schon fast dunkel als wir nach Chiang Mai zurückkehren. Wir bedanken uns bei Mics Cousin, ohne den wir weder den ersten noch den zweiten Ausflug jeweils an einem Tag hätten bewältigen können und der uns immer wieder großzügig Eintritt und Mahlzeiten spendiert hat. Wir wünschen alles Gute für seine Frau und die Tochter, die an diesem zweiten Ausflugtag nicht mehr dabei waren und sehen ihn in seinem riesigen Pickup-Truck zwischen den kleinen Häusern und dem viel zu lauten Verkehr verschwinden. Bye bye, Wikket. Bis zum nächsten Mal auf Endor.

Den letzten Abend vor unserer Abreise beschließe ich noch ein wenig allein das nächtliche Chiang Mai zu erkunden und stelle fest, dass es leider noch sehr viele Ecken und Pfade gibt, die sich auch am Tage zu besuchen gelohnt hätten. Die Innenstadt geizt aufgrund der vielen prächtigen Tempel nicht mit optischen Perlen, und jetzt, wo zwischen Königsgeburtstag und Weihnachten (das für die Touristen mitgefeiert wird) alle Zeichen auf Fest stehen, bietet die Stadt auch nachts noch allerlei Beeindruckendes. Als ich entlang des alten Stadtgrabena um eine Ecke biege, traue ich fast meinen Augen nicht: Vor der riesigen Ehrentribüne, die für König Buhmibol errichtet wurde und mit hunderten gelber Wimpel und Lampen geschmückt ist, ragt eine neun Meter asiatische Interpration eines Weihnachtsbaums empor, und die besteht ganz und gar aus Lampions.

Lampion-Weihnachtsbaum

 
 


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