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6. Dezember 2007 / 06:36
Thailand: December 6, / 2007 12:36

THAILAND-REISE

Gottgleich

König Bhumibol - Tor auf der Straße

Der 5. Dezember ist eine der wirklich wichtigen Daten für die Thai-Psyche.

Ein bisschen ist nämlich der Geburtstag von Bhumibol Adulyadej, König von Thailand, wie die Eröffnung der Fussballweltmeisterschaft in Deutschland, gepaart mit Weihnachten und dem Tag der deutschen Einheit zugleich.
Für den am längsten regierenden Monarchen der Welt, der von seinem Volk in nahezu gott-gleicher Weise verehrt wird, und der mit einem geschätzten Vermögen und internationalen Investitionen von 2-8 Milliarden US Dollar einer der reichsten Männer der Welt ist, wirkt King Rama IX erstaunlich normal. Die Tausende gar nicht mal so provisorisch eingerichteten Mini-Schreine und Portraitwände, die weithin in der Stadt Bangkok vor jeder Bank, jedem Einkaufszentrum, in jeder Bar, an Hotels oder Tankstellen sichtbar sind, zeigen ihn als Mann des Volkes, der Kunst, Fotografie und Musik oder als bescheidenen Denker, der viel mehr für sein Volk getan hat, als zum Beispiel die letzten paar Premierminister.

König Bhumibol - die vielen Gesichter

Es sind immer die gleichen Bilder: Bhumibul mit der Kamera um den Hals, Bhumibol malt seine Frau Sikirit, Bhumibol in der Denkerpose mit Zeigefinger am Mund, Bhumibol mit Goldmontur an Kopf und Körper bei der Krönungszeremonie am 5. Mai 1950 oder im aktuellen, großen Panorama-Gruppenbild mit Mitgliedern der königlichen Familie. Er lächelt nicht, er spricht nicht, er schaut nicht in die Kamera. Die Protese in seinem Auge, das er mit 20 bei einem Autounfall in der Schweiz verloren hat, schielt leicht zur Seite. Er wirkt in seiner Darstellung so zart, unnahbar und doch verletzlich, dass es schwer fällt, nicht zu verstehen, warum die Thais einen Narren an ihm gefressen haben. Wer so gütig dreinblickt, den muss man einfach lieb haben.

König Bhumibol in Denkerpose

Bei so viel Harmonie kann man als Ausländer leicht übersehen, wie fragil das Gefüge der konstitutionellen Monarchie Thailands ineinandergreift, und welchen Unannehmlichkeiten man sich aussetzt, wenn man die monarchischen Gefühle der Thais nicht ernst nimmt. Der Lonely Planet warnt in seiner Thailand-Ausgabe explizit davor, den König in irgendeiner Weise zu kritisieren. Kritik, das zeigt die Anwendung der Lèse majesté – dem Gesetz zum Schutz der Monarchie vor Kritik, kann schon mit scheinbar unbedeutenden Kleinigkeiten beginnen und unangenehme Folgen haben, bis hin zu mehrjährigen Gefängnisstrafen. Es reicht dabei schon ein störendes Leselicht in der Flugzeugkabine, wenn gerade zufällig anwesende Königsmitglieder lieber schlafen möchten, oder auch die Forderung nach Abschaffung der Lèse majesté selbst, was vermutlich einer der Gründe ist, warum dies bisher noch nicht geschehen ist. Tatsächlich aber werden viele Anklagen aufgrund des Gesetzes vom König selbst nach kurzer Zeit begnadigt. In seiner Geburtstagsrede von 2005 betonte er: „Tatsächlich muss ich auch kritisiert werden. Ich scheue mich nicht vor Kritik, wenn sie sich auf das bezieht, was ich falsch mache, weil ich dann davon erfahre. Denn wenn jemand sagt, der König darf nicht kritisiert werden, bedeutet dies, dass der König kein Mensch ist. Wenn der König nichts Falsches tun kann, ist das gleichbedeutend, als ob man auf ihn herabsieht, weil der König dann nicht als menschliches Wesen behandelt wird. Aber das König kann auch Falsches tun.“
Bei so viel Selbstkritik muss einem doch das Herz aufgehen.
Es ist wohl auch tatsächlich eine eher politische Sache, die dem Gesetz bis heute seinen Bestand verschafft. Politische Gestaltungsmöglichkeiten gegen unpatriotische Umtriebe – das sollte man sich einmal klar machen – sind auch in einigen westlichen Kulturen nicht unbeliebt, und kollidieren auch dort gerne mal mit liberaleren Interpretationen von Meinungsfreiheit.
Der immensen Popularität der Königs tut dies jedoch kaum einen Abbruch, und so stören sich die Thais auch nicht daran, dass ihr Monarch sich je nach politischem Wind mal zu diktatorischen, mal zu militärischen und mal zu eher demokratischen Systemen hingezogen fühlt. Am Ende zählt eben das, was dabei rauskommt, und das sind blutfreie Putsche der Militärjunta und eine weitestgehend skandalfreie Monarchie, von der das britische Königshaus nur träumen kann.
Für den König spricht aber auch, dass er sich in den 90ern für die Demokratisierung Thailands stark gemacht hat und das Land durch eine politische Krise nach der nächsten führte, und vielleicht kam ihm hier auch zugute, selbst in einem demokratischen Land groß geworden zu sein. Nachdem er am 5. Dezember 1927 in Cambridge, Massachusetts, USA auf die Welt gekommen war, lebte er die ersten Jahre zunächst in Thailand und kam 1933 zur Ausbildung nach Lausanne in die Schweiz. Erst nach Ende des 2. Weltkriegs, 1945, kehrte er nach Thailand zurück, wo er einige Jahre später nach dem mysteriösen Tod seines älteren Bruders 1950 den Trohn bestieg.

König Bhumibol in jungen Jahren

Inzwischen, nach 57-jähriger Regentschaft, zollen ihm seine Untertanen mehr Respekt denn je. Seinen 80. Geburtstag beging die Hauptstadt mit zahlreichen Feiern und Zeremonien: Ganze Straßenzüge und Bahnen waren geschmückt mit Glückwunschplakaten. Entlang einer der vielen Fussgängerhochtrassen wedelten tausende Kindergrußkarten im Wind, einige Kaufhäuser und internationale Firmen (z.B. Panasonic, etc.) spendeten gigantische, bunte Plakatwände, auf der Strasse trugen eine überwältigende Anzahl von Menschen – Thais, wie Ausländer, gelbe T-Shirts, da Gelb die Farbe des Königs ist, und die Menschen in Kinos und auf der Strasse erhoben sich in rührender Einigkeit, sobald die Nationalhymne aus einem der vielen Lautsprecher erklang (die Frage, ob es gegen das Lèse majesté verstösse, würde man sich an der Ehrerbietung nicht beteiligen, konnte mir eine thailändische Bekanntschaft leider nicht abschließend beantworten).
Die Zeit ist an König Bhumibol natürlich nicht spurlos vorrüber gegangen. Seit einigen Jahren leidet er an Problemen mit der Wirbelsäule und hat sich erst im vergangenen Jahr einer Operation unterzogen.
Über die Zukunft nach dem König möchte sich hier noch niemand wirklich Gedanken machen – zu groß ist die Angst vor einem Zerfall der staatlichen Ordnung – der Putsch der Junta vor einem Jahr, der nach Ansicht vieler vor allem durch das Eingreifen des Königs zu einem guten Ausgang geführt hat, ist vielen noch in unguter Erinnerung. Und so ist einer der am zahlreich vernommensten Geburtstags-Wünsche dieser Tage wirklich ernst gemeint: Long live the King!

(Weiterführende Infos für die Hardcore-Interessierten: Der Asia Sentinel spekuliert in seinem Artikel „Long live the King!“ über die Zukunft nach dem Ableben des beliebten Monarchs.)

Gelbe Hemden: Die Farbe des Königs

Ich hätte an diesem Tag wohl fast alles verpasst oder falsch gemacht, wäre mir nicht immer im richtigen Moment ein Thai zu Hilfe gesprungen, um zu erklären, wie man sich als Ausländer zu benehmen hat.
In den Königspalast wäre ich zum Beispiel einfach hineingegangen, doch das ist (an diesem Tag) thailändischen Staatsbürgern vorenthalten. Auch die Nationalhymne hätte ich wohl nie im Leben als solche erkannt und wäre zum Entsetzen der anderen Passanten einfach über die Strasse gegangen, hätte mich meine Begleitung nicht im letzten Moment davon abgehalten. Ein gelbes Shirt habe ich mir dann leider nicht mehr besorgen können, aber ich hielt es angesichts meines ohnehin schon üppigen Reisegepäcks für verzeihlich, es bei einem grünen Shirt zu belassen. Und das große Feuerwerk am Abend? Nun gut, das habe ich tatsächlich nicht gesehen, aber es soll groß und schön gewesen sein, und der König, das vermeldet die Bangkok Post heute, sei sehr zufrieden gewesen. Eben. Das ist doch die Hauptsache.

König Bhumibol - ein Geburtstagsschrein

 
 


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