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Meine Kanäle: Comedy & Cartoons / Reise-Abenteuer / Vlog-Schrott
23. Februar 2008 / 11:31
OZ (Ost): February 23, 2008 / 21:31

AUSTRALIEN-REISE

Ein Klack! für Manniac

Sonniger Manniac

Die Strahlen der Nachmittagssonne erleuchten die riesige Fensterfront und zeichnen auf den Eingangsteppich ein trapez-förmiges Stückchen Weiß. Hin und wieder gibt die elektrische Schiebetür dem warmen Sommerwind Gelegenheit Regale und Fernseher vom frisch angesetzten Staub zu befreien – oder zumindest, diesen in ständiger Bewegung zu halten.
Der hübsche junge Mann steht hinter der Kasse eines Elektronik-Geschäfts in Hobart. Es ist Sonntag nachmittag. Er hat noch eine Stunde bis zum Ladenschluß, und davon verbringt er die meiste Zeit mit Warten.

Sein Ellbogen lehnt lässig auf der Kante des Tresen, der Blick schwebt verträumt in der Luft. Sanft hebt er die langen Arme und versenkt seine schlanken Finger in das eigene, strohblonde Haar. Er ist Anfang Zwanzig, freundliches Gesicht, leichte, lange Gestalt. Er trägt eine dunkelblaue Jeans, ein helles Sweat-Shirt mit der Aufschrift „Dick Smith“, darunter auf einem silberfarbenen Schild steht eingraviert sein Name.
Mit dunkelblauen Augen, die von schwarzen Wimpern allseitig umrandet sind, folgt er den milchigen Bahnen der Staubpartikel, die akrobatische Formeln in die Luft schreiben und dabei ihre vorauseilenden Schwestern zurück ins Dunkel des Ladengeschäfts drängen. Gemächlich, die Arme verschränkt, schreitet er den schmalen Gang hinunter. Er passiert breite Regale, die mit Sonderangeboten und elektronischem Nippes ausgestattet sind, scannt die rote Wand gegenüber, in der eingebaute Autoradios mit pulsierenden Displays hypnotische Botschaften in die Welt senden und verweilt für einen Moment in der Ecke mit den Spielkonsolen, in denen mehrere Jugendliche die Fliehkraftbelastbarkeit einer Wii testen. Kurz darauf dreht er seinen Blick und kreuzt dabei meinen, der ihm unauffällig, aber interessiert seit etwa fünf Minuten folgt.

Eine pulsierende Spannung hat sich mit einem unhörbaren Klack! in die schwüle Luft gelegt und ich fühle, wie sich Kanäle des geringsten elektrischen Widerstands einen Weg von der Mitte zwischen uns in beide Richtungen bahnen. Wir halten inne und jedes Staubkorn das um uns in der Luft schwebt, wird Teil eines psychotischen Zustand aus Heisenbergscher Unschärfe und knisternder Physik der Klasse 11.
Darwin hat zugeschlagen und in uns ein Programm initiiert, das ohne bewusstes Zutun abläuft. D.h. es sollte ablaufen, doch irgendwie hat sich das Programm bei mir aufgehängt, jedenfalls komme ich, statt meine clevere und smarte Seite zu zeigen, aus dem dümmlichen Grinsen gar nicht mehr heraus. Das Programm auf der anderen Seite reagiert schnell und kompatibel: Es lächelt zurück! So stehen wir da, wenige Meter voneinander entfernt und lächeln uns gegenseitig an. Mein Programm hat den Einsprungspunkt noch nicht gefunden, aber startet unverzüglich eine Subroutine, die meinen Körper mit Muskeln-lähmenden Glückshormonen überschütten. Mein Lächeln wird jetzt noch etwas debiler.
Leicht und unerwartet schwebt er auf mich zu. Wie gebannt stehe ich in der Ecke des Raumes, unfähig mich zu bewegen. Hilflos starre ich in sein näherkommendes Gesicht, ohne Notfallroutine, die meinen Beinen den Marsch zur Flucht bläst und ohne Willen an meiner Hilflosigkeit auch nur das Geringste zu ändern. Schließlich steht er vor mir, so nah, dass ich sein Gesicht berühren könnte: Seine weißen Zähne und die roten, zart geschwungen Lippen, drei verstreute Sommersproßen auf der niedlichen Nase und die dunkelblauen Augen, wie tiefe Teiche, in denen ich rettungslos in der Nacht ertrinken möchte. Er ist so nah, dass ich seinen geruchslosen Atem rieche, seine Körperwärme spüre, die Energie fühle, die sich aufgebaut hat zwischen seinem Körper und meinem und sich jeden Moment entladen könnte in leidenschaftlicher Ekstase und Phantasie.

„Can i help you, Sir?“

Verdammter Darwin.

„Sir?“

„Umm..“

Ob er mir helfen könne! Was hat sich das Programm bloß dabei gedacht!

„Everything all right…?“

Verdammt, nein! Ich bin im Romantik-Modus und der kommt mir mit Realität!

„Actually, I’m just looking…“

Heiraten? Jetzt?

„… just looking.“

Ich feiges Blatt.

„It’s all right, Sir. But if you need anything, just let me know!“

Überrascht von der Realität und hormonell herausgefordert von meinem eigenen Körper, sehe ich, wie er hinter einigen Regalen verschwindet und sich dort einer neuen Kundin zuwendet. Sie ist Anfang Zwanzig, hübsches und gut gebaut. Sie lächeln sich an, und aus der Tiefe des Raums ertönt unhörbar ein leises Klack!.
Mit meinem Schuh gebe ich dem Karton mit DVDs vor mir eine solide Ursache dafür.

 
 


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