AUSTRALIEN
Musik für Australien
Einige von Euch wissen, dass ich 2008 in Australien unterwegs war – damals haben hier im Blog viele meine Reise live verfolgt und auch die Videos gesehen, die ich im Kofferraum meines Autos Charlie sitzend geschnitten und über wilde Wifi-Netzwerke auf Videoportale hochgeladen habe. Seit meiner Rückkehr habe ich zwar weiterhin Videos produziert und meinen YouTube-Kanal immer weiter vergrößern können – doch von den Australien-Videos ist bis auf ein einziges nichts mehr zu sehen.
Seit Monaten erzähle ich nun den Nachfragenden, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis es endlich weitergeht, und tatsächlich:
Es ist eine ganze Menge Material angefallen – 8 Episoden sind schon fertig geschnitten, und das ist nicht einmal ein Fünftel der möglichen Videos – was hält mich davon ab, sie endlich zu veröffentlichen?
Tatsächlich ist es der Kampf mit unserem Urheberrechtssystem, der es so schwierig macht. Jede Episode enthält im Hintergrund Musikstücke, die ich damals passend fand, und auf die ich meine Videos geschnitten habe. Für mich gehört es dazu, dass ein gutes Video auch gute Musik hat. Im Idealfall sollten sich beide ergänzen: Stimmung und Text des Musikstücks sollte die selbe Geschichte erzählen, wie das Video, das es begleitet. Ich hatte tolle Musik gefunden: Israel Kamakawiwo’oles „Over the rainbow / Wonderful world“, ein Mashup aus dem alten „Zauberer von Oz“-Lied und Louis Armstrongs „A Wonderful World“, als ich von Deutschland nach Australien („Oz“) wechsle. „Surrender“ von Michael Bublé, als ich mit Charlie nachts den selbstmordsüchtigen Sprungtieren auf Tasmaniens Feldwegen entgegenfahre. Oder „It’s a small world after all“ für die Insekten- und Dinosaurierabteilung im Nationalmuseum von Melbourne. Kitsch hin oder her: Es passte einfach.
Musikauswahl ist wirklich schwer, und die vielen Fehlgriffe in Fernsehsendungen und die abgenudelten, immer gleichen und oft unangebrachten Lieder, wie „The winner takes it all“ für Siegerehrungen, „Land Down Under“ von Men at work für alles, was mit Australien zu tun hat, oder „Unchained melody“, wenn’s mal ein bisschen romantisch wird, zeigen, dass sie auch nicht viele Leute beherrschen.
Doch was nützt es dann, wenn man das perfekte Stück für den perfekten Augenblick gefunden hat, und man es trotzdem nicht verwenden darf, weil die Erlaubnis dazu fehlt?
Auf YouTube ist jede Verwendung von Musikstücken immer dann untersagt, wenn nicht die explizite Erlaubnis dafür vorliegt – als YouTube Partner brauche ich sogar die explizite Erlaubnis für eine „werbliche Nutzung“. Doch selbst mit der Erlaubnis kann es heikel werden, denn viele Musikstücke sind bei der GEMA gemeldet, und da YouTube derzeit keinen gültigen Vertrag mit der GEMA hält, fallen alle solchen Stücke flach.
Vom GEMA-Problem einmal abgesehen ist es jedoch nahezu unmöglich für einen kleinen Videomacher wie mich, die Erlaubnis zur Verwendung eines populären Musikstücks zu erhalten. Ausgerechnet die Stücke, die das größte Potential haben, durch ihre Bekanntheit den gewissen emotionalen Kitzel beim Zuschauer auszulösen, bleiben mir – mangels realistischer Finanzierungsmöglichkeiten – verwehrt. Eine Lizenz zur Verwendung solcher Stücke kann in die tausende Euro gehen, ist trotzdem zeitlich begrenzt und entbindet mich nicht von der Verantwortung, zusätzliche Abgaben an die GEMA zu zahlen. Darüber hinaus werde ich verpflichtet, die Rechteinhaber regelmässig über die Nutzung meiner Videos zu informieren.
Das Problem vereinfacht sich auch nicht, wenn ich den Aufwand betreibe, eine Coverversion anfertigen zu lassen, denn auch hier stehen die enormen Produktionskosten und Report-Verpflichtungen in keinem Verhältnis zu meinem Aufwand und meinem möglichen Gewinn. Denn, bei aller Bekanntheit und trotz meines Status als YouTube-Partner: Vom Einkommen, das ein einzelnes Video produziert, kann ich mir gerade mal einen Besuch mit zwei Freunden im Kino leisten.
Wenn also populäre Musik so schwierig zu beschaffen ist, wieso suche ich dann nicht nach frei erhältlichen Stücken, z.B. welchen, die unter einer Creative Commons Lizenz freigegeben sind? Portale wie podsafeaudio (gelöscht) und Jamendo bieten einen ganzen Musikkatalog unterschiedlicher Stile an, und es sind auch etliche CDs im Handel erhältlich, die sogenannte „Royalty Free Music“ enthalten.
Das ist eine brilliante Idee, die ich auch schon oft umgesetzt habe. Sie hat nur zwei Haken: 1. Entweder ich finde auch dort kein Stück, das wirklich zu meinem Videoinhalt passt, oder 2. Es liegt einfach nicht die passende CC-Lizenz für mich vor.
Creative Commons Lizenzen gibt es in mehreren Geschmacksrichtungen – auch die Artikel in diesem Blog und fast alle meine Videos unterliegen einer Lizenz: „CC-BY-NC“ oder „CC-BY-NC-SA“. Ich möchte nicht auf die Details dieser Lizenzen eingehen – man kann sie auf der offiziellen Webseite selbst nachlesen. Der Knackpunkt ist das „NC“: Non-Commercial. Die Inhalte dürfen zwar verwendet werden, aber nur in nicht-kommerziellen Projekten. Viele Musikstücke sind so freigegeben, und deshalb für die Verwendung in einem YouTube-Partner-Video nicht geeignet.
An sich ist das nicht schlimm, denn Creative Commons Lizenzen sind nicht statisch: Sie können jederzeit erweitert werden, und Menschen, die ihre Werke so veröffentlichen, kann man in der Regel recht einfach davon überzeugen, trotz der (geringen) YouTube-Einnahmen eine Erlaubnis zu geben. Im Zweifel kann man von den 20 Euro, die man verdient, immer noch 10 Euro dem Musikrechteinhaber anbieten, und alle Personen sind sich einig. Prima, Problem gelöst?
Leider nein.
Während kommerzielle Standardlizenzen („CC-BY“) von der YouTube Videoprüfinstanz fast immer durchgewunken werden, verhält es sich bei den oben beschriebenen Lizenz-Erweiterungen anders: Selbst wenn der Rechteinhaber zustimmt, dass sein Musikstück in anderen Werken kommerziell verwendet werden darf, wird dies nur dann akzeptiert, wenn die Erlaubnis auch mit Unterschrift vorliegt und entweder via Fax (in die USA) oder mit signierter E-Mail dem Unternehmen übertragen worden ist. Eine einfache E-Mail des Rechteinhabers in der steht: „Na klar, darfst du meine Musik verwenden und Banner schalten“ reicht nicht. Den Rechteinhaber, der z.B. in einer verschlafenen Ecke von Missouri Musik für 20 Leute macht, dazu zu überreden, eine schriftliche Genehmigung mit Unterschrift auszustellen und sie nach Deutschland zu schicken, ist oft ein Ding der Unmöglichkeit. Meine Erfahrung zeigt, dass Menschen bei allen Rechtsangelegenheiten, so lange locker sind, bis man sie um eine Unterschrift bittet. Dann beginnt der andere sich zu winden, druckst rum und im Zweifel wird am Schluss einfach gar nicht mehr geantwortet.
Was also tun?
Froh kann derjenige sein, der selbst musikalisch begabt ist, Musikinstrumente spielen kann, und dem die richtige Melodie einfach einfällt. Für jemanden wie mich, dem das Singen per Gerichtsauflagen verboten worden ist, keine Option ;-) Allerdings gibt es ja andere Leute, die das können, und die ich gefragt habe. Einige haben schon Interesse bekundet oder vorgeschlagen, dass ich Lieder aus ihrem Repertoire nutzen darf. Und einer hat jetzt sogar ein eigenes Lied komponiert. Er heisst Fab The Gap, und ist einer der meist abonnierten YouTuber Deutschlands. Das Lied ist Teil seines Albums „Acoustic“, wurde aber extra so geschrieben, dass ich es als Sountrack für meine Australien-Videos verwenden kann – was mich natürlich besonders stolz macht. :-)
„What I Hope Is True“ ist der Titel des Stücks, und das Musikvideo dazu habe ich geschnitten. (Schreibt ihm mal ein paar nette Kommentare, er freut sich :-) ) Ich hoffe, es gefällt Euch, und vielleicht macht es ja auch dem ein oder anderen Lust darauf, das Album zu kaufen. Erhältlich ist es auf iTunes, Amazon und vielen weiteren Seiten.
Ich hoffe, dass dieser etwas längere Artikel euch einen Einblick bietet, wieso es so schwierig ist, Videos mit guter Musik zu produzieren.
Und jetzt kann es auch wirklich nicht mehr lange dauern, bis das erste Australien-Video veröffentlicht wird.
Versprochen!
(Gebt mir aber sicherheitshalber trotzdem noch ein paar Tage Zeit ;-))