OZ (WA): August 2, 2008 / 20:04
AUSTRALIEN-REISE
Lincoln Nationalpark
Zur besseren Orientierung gibt es ab sofort kleine Karten, die den Ort anzeigen, um den es jeweils geht. Außerdem kann man die Fotos durch Anklicken vergrößern und in besserer Qualität betrachten. Einfach ausprobieren. :-)
Und jetzt geht’s weiter: Irgendwann im Mai. Manniac und Charlie sind immer noch auf der Eyre Peninsula (sprich „Ähr“ Peninsula) und ziemlich froh wieder on the road zu sein.
Im Eck, in dem auch Port Lincoln liegt, gibt es einen Nationalpark, keine 20 Minuten von der Stadt entfernt.
Wie fast jede australische Parkverwaltung verlangt auch diese 7 Dollar Eintritt und bietet dafür Schotterpisten vom feinsten. Der besondere Appeal des Lincoln Nationalpark ist allerdings die riesige Sanddünenlandschaft am Meer, die man entweder mit einem 4WD-Auto* abfährt oder manuell erklimmt.
Da Charlies Getriebe erst eine knappe Woche zuvor in Whyalla erneuert worden ist, brachte ich es nicht über’s Herz, ihn durch die ganz wilden Ecken zu steuern (Glaubt mir, ich hätte gewollt!), doch auch von den meisten befestigten Straßen aus gab es unbeschreiblich Schönes zu entdecken.
* Auto mit Vierradantrieb
Nach wenigen Kilometern erreichen wir einen Strand mit Bergen von angeschwemmten Seetang. Die salzige Meerluft ist mit Gerüchen übersättigt, die Sonne blinzelt scharf durch die seidene Wolkendecke und nur der kalte Wind erinnert daran, dass Südaustralien schon mitten im Herbst angekommen ist.
Mehrere Stunden lang bleiben wir hier die einzigen Besucher. Die Ruhe verleitet mich schließlich zu einer längst überfälligen Sache: In einer konzertierten (und dokumentierten) Aktion entledige ich mich mit Wasserkanistern des Schmutzes von knapp einer Woche ohne Dusche, wasche mein Haupt und entferne nahezu sämtliches Körperhaar, feile meine Nägel und schließe das Reinigungsritual mit einer Ölabsorbierenden Schlammmaske in der Problemzone um Nase und Backen.
Kurz darauf bekommt Charlie Besuch von einem aufgeregten Piepmatzpaar*. Für mehrere Minuten flattern die beiden von der Frontscheibe zu den Seitenscheiben und zurück, reiben Ihre Bäuchlein am glatten Material und fiepen sich die Seele aus dem Leib.
Was zunächst wie ein bizarres Begattungsritual wirkt (Hallo? Vögel und Autos?), erschließt sich bei näherer Betrachtung als Einschüchterungsversuch. Offenbar stand Charlie den beiden zu nahe am Nest. Und man weiß ja spätestens seit Hitchcock, dass Vögel da zum Tier werden können.
* Könnte jede beliebige Vogelart sein, ich kenn mich da nicht wirklich aus.
Da wir den beiden nicht länger auf’s Gefieder gehen wollen als nötig (Ich will Euch mal rennen sehen, wenn jemand seine Brust furchteinflössend gegen Eure Windschutzscheibe presst!), fahren wir fort und erreichen die Seelenruhe der Proper Bay. Der milchige Himmel und das seidene Wasser scheinen nur durch die dünne Landlinie am Horizont voneinander getrennt.
Dunkler Seetang, klares Wasser und weißer Sand wechseln einander ab.
Auf der anderen Seite der große Sandinsel erreichen wir den Spencer Gulf. Von hier aus kann man am Horizont die riesige Landzunge der Yorke Peninsula sehen, und etwas weiter im Süden die Ausläufer von Kangaroo Island.
Die Strände sind beliebte Ausflugsziele für 4WD-Fahrer, doch der Sand ist so locker und tief, dass man sich selbst mit den griffigsten Reisen festfahren kann – und wehe, es kommt die Flut.
Für Charlie war das nichts, weshalb ich den Angsthasen auf einem betonierten Parkplatz zurücklassen musste. Doch schon nach wenigen hundert Metern wurde ich von einer Horde riesiger Sparta-Bienen angegriffen und musste mit einer üblen Stichwunde an der Handoberfläche umkehren. Ich schrie noch Rache und Schweinebauch, und dann ging’s auch schon weiter.
Je weiter wir in den Norden des Parks vordringen, um so sandiger werden die Strände. Ein starker Wind jagt die Hänge hoch, doch er ist so kalt, dass an ein Bad im ohnehin stark aufgewühlten Meer kaum zu denken ist. Für Surfer herrschen hier jedoch Idealzustände, da durch den flach ansteigenden Meeresboden fast jede Welle eine Perfekte ist.
Dünen, so weit das Auge reicht, und im Vordergrund sieht man typische Sandgewächse, die man fast an der gesamten Südküste Australiens findet.
Wunderbares Licht taucht die ganze Küste in Milch, und selbstverständlich befindet sich hier außer Charlie und mir meilenweit keine Menschenseele.
Wenn man die großen Dünen hinaufklettert und über ihre scharfen Kanten blickt, meint man, sich in einer endlosen Sandwüste wiederzufinden. Leuchtend blauer Himmel hebt sich dunkel vom hellen Sand ab und halbverwischte Emuspuren bezeugen, dass auch hier Leben einen Weg gefunden hat. Ziemlich ernüchternd dagegen wirken die tiefen Radrillen, die den feinen Sand durchziehen. Schon wenig später tuckelt ein schweres, schwarzes 4WD-Monster mit Volldampf ums Eck, bleibt aber auf halben Weg am Hang stecken. Der Sonnenbebrillten Fahrer, dem der missglückte Anlauf vor der zierlichen Freundin peinlich ist, bemüht sich mit sanften Vor- und Rückwärtsbewegungen zu befreien. Schließlich gelingt ihm jedoch nur die Flucht nach hinten, während ich mich tiefer in die Wüste vorwage.
Wenig später tauchen die beiden wieder auf – diesmal mit Sandboards, mit denen sie Schlittengleich die sanften Hänge hinuntersausen und vom Sand geblendet in einer steilen Düne enden.
Kurz darauf sitze ich wieder auf dem Rücken meines Pferds, vor uns die weißen Hänge. Es zuckelt unruhig, schnaubt und starrt gebannt auf die glatten Täler. Wollen wir? fragt es mich, und ich muss gar nicht antworten.
Natürlich wollen wir.
Die Kilometer durch den Lincoln Nationalpark wurden Ihnen vom R|ob-log bereitgestellt.