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Meine Kanäle: Comedy & Cartoons / Reise-Abenteuer / Vlog-Schrott
23. Juli 2008 / 18:56
OZ (WA): July 24, 2008 / 00:56

AUSTRALIEN-REISE

Der heitere Haufen

Wir begeben uns noch einmal in den Juni, weit weit weg von Hexe Steve und seinem Haus…

Dinosaurier-Skelett im Museum in Melbourne

Die Menschen in Port Lincoln gehören zu der Sorte, die man in Australien cheery bunch nennt: Hier lacht es aus jeder Falte. Passanten grüßen breit grinsend jeden Unbekannten, Fast Food Aushilfen bedienen hilflose Kunden unter frenetischem Gegacker, bei Auffahrunfällen zankt man nicht, sondern fährt erheitert weiter und die Dorfjugend am Samstag abend ist hackedicht, aber irgendwie unnahbar froh.
Port Lincoln ist scheinbar, wenn man trotzdem lacht und ich will nicht klagen, denn im Vergleich zu den übrigen grimmigen Städten der Eyre Peninsula kommt dieser Ort als Oase des Frohsinns daher. Lauter glückliche Leute, und das obwohl am Arsch der Welt.

Trotz seiner Isolation wirkt Port Lincoln groß und modern und behält gleichzeitig den idyllischen Charme eines ruhigen Touristenkaffs. Allein die Einfahrt am Meer beeindruckt mit sanft aus dem Wasser aufsteigenden, grasigen Hügeln, dem Axel Stenross Marinemuseum und einer breit angelegten, entspannten Wasserfront.
Das Stadtzentrum bleibt trotz der vielen Geschäfte überschaubar kompakt, und würde nicht der gesamte Road Train-Verkehr der Region um den Kreisel im Zentrum geleitet, für den heiteren Haufen wäre dies ein Fußgängerparadies.

Truck, LKW

Vor einiger Zeit habe ich beschlossen, dass man die Größe einer Stadt auch am Vorhandensein bestimmter Geschäfte erkennt, und natürlich habe ich recht: Einen McDonalds sucht man hier vergebens, denn der wird gerade erst geplant! Port Lincoln ist in bezug auf Zivilisation eine Schwellenstadt, und der große Baugrund im Zentrum der Beweis für den touristischen Boom den die Region gerade erlebt.
Nur mit Netzanbindung sieht es nicht ganz so lustig aus, da hilft auch kein freundlicher Verweis auf das kaffige und somit noch schlechter ausgestattete Umland: Die Stadtbibliothek verlangt Geld für die Nutzung des World Wide Web und das einzige Internetcafe der Gegend wurde schon vor Monaten geschlossen. Und so schiebe ich einen Zehner über den Tresen und der grinsende Kassenmann freut sich noch ein bisschen mehr: Endlich ein neuer Gast im Kino.

Videothek

Ich hatte in den letzten Monaten nur wenige aktuelle Filme gesehen, was zum einen daran lag, dass mich die meisten nicht wirklich interessierten, und zum anderen Australien für Kinogänger ein frustrierender Ort ist. Zu verwöhnt bin ich noch von den Kinopalästen in Bangkok, in denen auf Minusgrade gekühlte Säle für wenige Baht ein Kinoerlebnis vom Feinsten boten (inklusive des erhebenden Tributtrailers für den König). In Australiens Hinterland dagegen muss man schon froh sein, wenn man bei der Frage nach aktuellen Filmen nicht gleich ausgelacht wird und die Ausmaße und Materialien der Vorführungsstätte die Nuttigkeit der lokalen Pornokinos zumindest nicht übersteigt.

Der ganze Sinn eines Kinobesuchs ist nun einmal der große, dunkle Saal, denn dafür sind sie ja gemacht: Die Filme, in denen sich Action, Pathos und lauter Surround zu einem Gesamtwerk vereinigen, das Zuschauer durch überlebensgroße Brillianz und Schärfe von ihren Sitzen reißt und sie Brotgleich in Handlungsstränge dipt, bis ihnen Hören und Sehen vergeht.

Wenn schon Kinosaal, dann, um gemeinsam mit den Hauptfiguren zu fiebern, zu leiden und sich zu freuen. Wer will schon E.T. im Terrarium an sich vorbeifliegen sehen? Wen schreckt ein puppengroßer T-Rex auf der Jagd nach einem Spielzeugauto? Filme brauchen große Leinwände für die vielen Details: Für jede Pore und jeden Körpersaftfaden des Hauptdarstellers, der sich zwischen ihm und der holden Maid zieht. Jeden Tropfen Blut, der dichten Urwald in seiner wächsernen Oberfläche reflektiert, ehe er in Zeitlupe zu Boden fällt und dort in tausend Perlen zerspringt.
Ich will große, dreidimensionale Geräusche und Explosionen! Zehn mal fünfzehn Meter Farbenspiel!

Nur, das Kino von Port Lincoln ist bestenfalls groß, und für’s Farbenspiel ist der Teppich zuständig.

hässlicher Teppichboden

Vielleicht dachten die Staatväter, es sei eine gute Idee, die beliebtesten Jugend-Attraktionen an einem Ort zu erbauen, um Fahrtwege an Wochenenden kurz zu halten. Dass man dafür beide Dinge nicht gleichzeitig nutzen kann, mag noch verzeihlich sein, doch der zusätzliche Raum, den die Discothek zwischen Zuschauerraum und Kinoleinwand einnahm, barg einen eineutigen Nachteil. Durch die schiere Distanz vom Zuschauer getrennt, erschien das Bild am Horizont kaum größer als ein auf Armlänge gehaltenes Blatt A4, und die tiefhängenden Discokugeln am linken und rechten Rand sorgten für ein schillerndes Lichtspiel, wo eigentlich keines sein sollte.

Interessant war auch, was die Musikanlage aus dem Surround machte: Geräusche, Musik und Stimmen wurden gesammelt aus einem Seitenlautsprecher in den Zuschauerraum gegeben. Eine verwirrende Stereounterscheidung entfiel und der Zuschauer konnte sich voll auf das Geräusch von rechts konzentrieren. Was er auch musste, weil es wegen der geringen Lautstärke ohnehin kaum zu verstehen war.

Was mich aber wirklich fuchste, waren die fünf großzügigen Reihen im vorderen Kinoteil, die für das Publikum einfach gesperrt blieben. „Wir sind ja nur ein kleines Landkino, die Reihen kriegen wir doch niemals voll, kicher“, war die Erklärung des gutgelaunten Betreibers. Ach, das Leben kann so einfach sein, wenn man das mit der Logik mal beiseite läßt. Argh.

Zwar muss ich zugeben, dass auch ein besser ausgestattetes Kino kaum über die Schwächen von Indiana Jones 4 hätte hinwegtäuschen können, aber immerhin hatte ich so nun die Möglichkeit, dem Können und Durchaltewillen australischer Schauspieler und Filmemacher, die mit solchen Kinos aufgewachsen sind, zusätzlichen Respekt zu zollen. Es braucht schon ein gewisses Maß an Imaginationskraft, um unter diesen Voraussetzungen den Traum, Filme für die große Leinwand zu produzieren, aufrecht zu halten.

Aber ich glaube, ich spare mir die Kinobesuche hier in Zukunft lieber.
Kommt ja eh gerade nichts Gescheites.*

* außer Mamma Mia

 
Dieses Kilometer-starke Kinoerlebnis wurden ihnen präsentiert vom R|ob-Log.

 
 


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