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Meine Kanäle: Comedy & Cartoons / Reise-Abenteuer / Vlog-Schrott
27. Mai 2008 / 02:57
OZ (SA): May 27, 2008 / 10:27

AUSTRALIEN-REISE

Fremder in der Nacht

Whyalla ist eine Stadt, die mir wirklich langsam ans Herz wächst.
Nie standen sich Mensch und Dorfbevölkerung mit so viel Argwohn gegenüber – ein unermüdlicher Quell für Blogbeiträge.

So wie gestern um Mitternacht, als ein dunkel gekleideter Mann, nur mit einer Tasche und einem Laptop unterm Arm, einsam durch das karge Industriegebiet schlich, das seit einigen Tagen sein Zuhause war.
Langweilig war ihm geworden auf der Rückbank seines Autos, in dem er die Nacht verbringen wollte, so dass er sich zur Abwechslung draußen für ein paar Minuten die Beine vertrat. Den Laptop hatte er dabei, um offline gespeicherten Blog-Einträge zu lesen. Ein Ritual, wie geeignet für einsame Stunden. Plötzlich fing es an zu regnen. Er hätte zu seinem Auto zurückrennen können – den Computer im Schutz des Regenmantels, doch er zog es vor, sich unter das Vordach eines nahen Geschäftseingangs zu stellen, und zu warten, bis der Regen vorbei war.

Verständlich, dass man das als besorgter vorbeifahrender Bürger nicht einfach so auf sich beruhen lassen kann (Das könnte ja wer weiß was sein!), und mindestens genauso nachvollziehbar, dass man als zu Tode gelangweilte pflichterfüllende Polizei gleich mit zwei gepanzteren Fahrzeugen ausrückt, um den mutmaßlich Verdächtigen von mehreren Seiten zu umstellen.

Ganz ehrlich, ich hatte zu keiner Zeit in Deutschland so viel mit Staatshütern zu tun, wie in Australien.
Nun mag das zugegebenermaßen daran liegen, dass ich in Deutschland, anders als hier, selten so lange und so oft mit dem Auto unterwegs war und buchstäblich auf der Straße gelebt habe.

Jetzt ist meine Einstellung zu Polizeien aller Art ja grundsätzlich ambivalent. Einerseits finde ich es richtig, dass sie ihre Aufgabe wahrnehmen und verdächtige Personen überprüfen – also grundsätzlich auf den Straßen für Recht und Ordnung sorgen. Dafür sind sie da, und prinzipiell machen sie das in vielen Ländern den Umständen entsprechend gut. Andererseits wird es mir noch lange ein Rätsel bleiben, was genau einer Polizei eigentlich verdächtig gilt.
Ein Mann, der sich mit seinem Laptop unter einen Häusereingang stellt, weil es zu regnen begonnen hat? Nun ja.
Ebenso überraschte mich der ziemlich schroffe Ton, den die Beamten anschlugen, so als sei es undenkbar, dass das Sich-unterstellen im Regen in irgendeiner Weise legal wäre.

Etwas perplex über den spontanen Auftritt machte ich mich natürlich gleich noch verdächtiger, indem ich nicht, wie man das normalerweise in solchen Situationen tut, souverän meine Unschuld wohlgeformt in Worte goß, sondern mich stotternd verhaspelnd als Vollbrot zu erkennen gab. So einer muss was ausgefressen haben, wird ins Polizeiauto komplimentiert und bekommt eine Privatkutsche zu seinem Auto. Muss man ja auch überprüfen, ob die Geschichte stimmt, die der einem da auftischt (Auto kaputt; gestrandet zwischen Wellblechindustrie und Busch; langweilig, darum Spaziergang mit Laptop).

Ein wenig Genugtuung ziehe ich aus den langen Blicken der Hobby-CTU, als wir bei Auto Charlie ankamen. Verdammt, das mit dem kaputten Wagen stimmt ja. Verdammt, der hat ja gar nichts ausgefressen. Verdammt, aus Trotz stellen wir uns jetzt in unauffällig auffälliger Entfernung mit angeknippsten Scheinwerfern ums Eck und beobachten ihn, falls er doch noch mal mit seinem Laptop aus dem Wagen steigt und uns zum geheimen Goldschatz führt, denn er hier irgendwo vergraben hat.
Genau gesagt stehen sie jetzt (während ich diesen Satz schrieb) immer noch hier, rund 30 Minuten, nachdem ich mit dem Text begonnen habe. Und das nur wegen einem unguten Bauchgefühl eines unbeteiligten dritten Deppen.
Das Blöde ist halt, dass nun ICH mich die ganze Nacht über beobachtet fühle und vor lauter Angst nicht schlafen kann, für den Fall, dass die Polizei es sich anders überlegt und einen Sturmangriff auf mein Auto startet.

Da fällt mir auch nichts mehr ein.

 
 


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