OZ (SA): May 3, 2008 / 22:31
AUSTRALIEN-REISE
Ein Tag im Osten
Ein Jammer, dass Australien ausgerechnet dort am wenigsten australisch ist, wo es spannend wird.
In Chinatown Adelaide zum Beispiel, mit seinen taiwanesischen Supermärkten, den philippinischen Imbissständen, japanischen Sushi-Zügen und indischen Mundharmonikajunkern (nicht zu vergessen, dem thailändischen Straßenstrich).
In einem Straßencafé, das ich unlängst für mich entdeckt habe, geht es chinesischer zu, als bei Maos Oma: Komplett mit mobiler Geflügel-Schlachtstation, offenem Feuer und einem Babuschka-Kochteam aus 4 Teilen: Ein Koch kleiner als der Nächste und lauter als alle Anderen.
Emsig schreien sie sich die Zutaten zu, schleudern ganze Hühner in die Luft und fangen sie am anderen Küchenende wieder ein: Fein zerwürfelt in einer Laksa.
Das Plastikgold der großen chinesischen Tore an beiden Enden der asiatischen Markthalle ist aus dem gleichen Material wie die buddhistischen Glückskätzchen, die gespenstisch aus jedem Schaufenster winken.
Kleine Kindergesichter blicken mit Mondaugen um Häuserecken und bunte rosa Lampions pendeln in der Luft. Die Asiaten wechseln fließend zwischen den Sprachen und Welten und in der HongKong Grocery gibt’s Crysanthemensaft für 99 Cent.
Ja, Asien hat es mir angetan.
Ich könnte mich stundenlang durch Supermärkte wühlen, auf der Suche nach Reiscrackern mit Kugelfischgeschmack, gewürztem Seetang-Esspapier oder gerösteten Wintermelonensaft. Ich möchte gar nicht aufhören, diese fremde Welt zu entdecken, mit ihren trüben Sojabohnendrinks und dunkelbraunen Jellygrasdesserts, Säften mit Geleestückchen, Kokosnussfleisch und gewürfelten Manderinen – ich will alles probieren! Meine badischer Argwohn hält mich auch nicht davon ab, nach einer fatalen Erfahrung mit Sesampastenbonbons auch an der japanischen Variante von gelgefüllten Minidampfnudeln zu scheitern.
Jedes Scheitern ist auch eine Entdeckung und jede Entdeckung ist ein Sieg.
Claims ziehen vor meinem geisten Auge vorbei, wie Annoncen auf einem LED.
Jetzt die Welt entdecken und im Sieg davontragen! What could possibly go wrong?
Abends in Northern Adelaide. Im Palazzo mit seinem One-World-Ambiente spielt Adelaide United gegen Rotbraun Outback, auf einem 50 Zoll-Plasma-Schirm an der Zwischendecke.
Ich bestelle mein drittes Glas Wasser bei der Bedienung von der ich nicht mit Sicherheit sagen kann, ob sie Französisch spricht oder Australisch.
Fussball ist langweilig und die Preise sind gesalzen. Was die wohl gerade in Chinatown machen?
Aber ich will ja nicht jammern.