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Meine Kanäle: Comedy & Cartoons / Reise-Abenteuer / Vlog-Schrott
16. März 2008 / 05:45
OZ (Ost): March 16, 2008 / 15:45

Phoenix Special I:
Geschichten aus der Gruft

Phoenix-Cover Ausgabe 25-27

Jeder Blogger hat Vergangenheit in Schubladen, die er beizeiten vor seiner Peer Group aus dem Schrank zieht und sich dann stolz auf den Bauch reibt: Da: Guckt mal, DAS habe ich in meiner Jugend gemacht. (Da staunt Ihr, was!)
Manche Blogger sind sogar dafür bekannt, ein ganzes Möbelarsenal an Schubladen, Kaffeeschränkchen und Einlässen mit doppelten Böden zu unterhalten. Es soll sogar welche geben, die verdienen ihre Brötchen ihr Holsten mit ausführlichem Schrankgeklapper zu den Fettnäpfchen und Sahnetorten ihrer weiter oder näher zurückliegenden Vergangenheit (oder auch nur Fantasie).
Es kann interessant sein, in dieser detailliert dokumentierten (oder auch künstlerisch ausgeschmückten) Vergangenheit nach Hinweisen zu blättern, die verraten, warum der Eine ein investigativer Journalist geworden, und der andere ein Informationshippie geblieben ist (und manche sind heute sogar beides gleichzeitig! (Geht das überhaupt?)).

Mich interessiert das auch durch meine eigene kleine Geschichte – ich blogge zwar erst seit 2006, doch das Internet war nicht das erste Medium, in dem ich meine Texte und Bilder veröffentlichte, und wie meistens, wenn mich ein Medium wirklich interessiert, kann ich mich daran ernsthaft festbeißen. Die „PHOENIX“ war für mich der erste und wahrscheinlich auch wichtigste Meilenstein in dem Prozess, der mich heute zum Blogger, Zeichner, Video-Editor, Programmierer, Schreiber, Designer und Reisenden gemacht hat.
Die Geschichte beginnt im Jahr 1993, ich war gerade in der 9. Klasse. Der furchtbarsten 9. Klasse, die man sich nur vorstellen kann, und für mich ist es eine der bedeutendsten Geschichten meines jungen Lebens.

Disclaimer: Den folgenden Artikel über die gemeinsame Zeit in der Schülerzeitung „PHOENIX“ (leider gerade wegen eines Datenbankfehlers offline) schrieben meine Freunde und früheren Redakteure bei einem Treffen im Dezember 2007, als ich bereits in Thailand unterwegs war und mich logischerweise nicht selbst am Texten beteiligen oder auf dem Gruppenfoto unten erscheinen konnte. Der Text erschien am vergangenen Dienstag in der Jubiläumsausgabe Nr. 50 an meiner früheren Schule, dem Klettgau-Gymnasium Tiengen als Laudatio auf die großartige Entwicklung, die der alte Geier seit 1993 durchmachte. Ich werde jedes Mal wieder völlig sentimental, wenn ich es lese…

Bald folgt außerdem im Teil 2 des „PHOENIX“ Specials ein Interview mit dem geheimnisvollen Comic-Team D.S. und N.S., das unter anderem mit ihren Kassenschlagern Indiana Günther, Badman und Gymnassic Park schulweit Kultstatus erhalten hat. Das inzwischen pensionierte und bis heute nahezu anonym gebliebene Team gibt exklusiv zur 50. Ausgabe der PHOENIX der neuen Redaktion ein retrospektives und fast schon legendäres Interview. Seid gespannt!
 

PHOENIX - The Golden Age

 
Geschichten aus der Gruft

„Mann, sehen wir alt aus!“

Phoenix-Geier und KonsortenWillkommen zur Redaktionssitzung. Ein ohnmächtiger Chefredakteur steht vor einer unzähmbaren und furchtlosen Meute aus Phoenixredakteuren. Der ganze Raum atmet Anarchie. Vorne links sitzen ein, zwei aufmerksame Redakteurinnen, die sich enthusiastisch einmischen und kluge Fragen stellen. Hinten rechts schmatzt eine Gruppe Fünftklässler geräuschvoll mehrere Tüten Chips. Zwischen diesen beiden Extremen die übliche Mischung aus Apathie und Passivität, immer wieder durchbrochen von den berüchtigten kreativen Ausbrüchen, die zum berühmten Phoenix-Stil gerinnen. Phoenix verpflichtet.

Stimmt. Das ist tatsächlich eine „Geschichte aus der Gruft“, nostalgisch verklärt von alten und altgewordenen Phoenix-Redakteuren. Manchmal scheint dies endlos lange her. Ausgabe 25, um genau zu sein. Aber genau so ging es auch Jahre nach uns noch in der Redaktionssitzung zu. Genau so dürfte es auch diesmal wieder gewesen sein – zur Ausgabe 50. Es hat allerdings sehr lange gedauert bis zum neuen runden Jubiläum.

Jede Ausgabe kostet Zeit und Kraft. Sie erfordert Mut und Kreativität. Sie macht auch Angst. Die Aschen, aus der sich der Phoenix erheben soll, lasten schwer. Doch der Höhenflug ist immer wieder Ergebnis einer gemeinschaftlichen Anstrengung. Ohne das engagierte Team ist die Phoenix nichts. Was jede Redaktion braucht ist also eine Gruppenerfahrung, die die Identifikation mit der Schülerzeitung immer wieder erneuert. Deshalb war für uns die Phoenix immer mehr als eine Arbeit, sondern eine Aufgabe, fast eine Berufung.

Wir haben natürlich gut reden. Mit so viel Identifikation, Elan und Engagement in der Redaktion schrieb sich eine Phoenix fast von allein. Wir haben die Phoenix eigentlich immer für uns allein geschrieben – ohne Blick auf irgendeine Zielgruppe. Wir wollten eine Phoenix machen, die wir selbst gerne lesen. Jede Phoenix sollte immer Schul-Zeitung UND Schüler-Zeitung sein. In Abgrenzung zum Jahrbuch, das vor allem eine Schulchronik darstellt, kann und soll die Phoenix auch unterhalten. Aber jede Phoenix kann immer nur so viel Spaß machen, wie die Redaktion hineingearbeitet hat.

Im Nachhinein hat sich bei uns immer der „große Abschluss“ jeder Ausgabe als zentrales Moment für den Zusammenhalt der Redaktion erwiesen. Das Zusammenfinden fand fast nebenbei statt – über Pizza, Gummibärchen, Chips, mit Kleber, Schere, Tipp-Ex. An diese Pizzaredaktionsschlusswochenenden, die wir über die Jahre, von Ausgabe zu Ausgabe, im KGT verbrachten, erinnern wir uns noch heute gern. Diese Klausuratmosphäre hat die Phoenix immer beflügelt – nicht nur in künstlerischer Hinsicht für Schlusslayout und Druckfahne, sondern auch in menschlicher Hinsicht fürs Miteinander aller Redaktionsmitglieder. Übrigens immer im Raum 207, in dem sich die Redaktion heute wieder trifft. Dieses intensive Zusammenschweißen kann so keine normale Redaktionssitzung leisten.

Vorgefunden haben wir die Phoenix anno 1993 als ziemlich lahmen Vogel: 60 Seiten schwarz-weiß, ohne einheitliches Erscheinungsbild wie Kopf- und Fußzeilen, mit unkenntlichen Fotos, schlecht zusammenkopiert, ohne professionelles Anzeigenkundenmanagement. Zwei Jahre später erschien die Phoenix bis zu vier Mal im Jahr mit bis zu 159 Seiten und mit 4-Farb-Cover, beides natürlich im patentierten „Manni-Design“ unseres Chefgraphikers Manfred Renner, der unserer Schülerzeitung ihr einheitliches und professionelles Erscheinungsbild gab – und den emblematischen Phoenix-Geier erfand. Unvergessen sind unter anderem die Phoenix 22, zum ersten Mal mit buntem Cover (innerhalb 30 Minuten ausverkauft), die Kondomdebatte (bei Androhung von Verkaufsverbot) über die Ausgabe 25, die das Doppeljubiläum von Schule und Schülerzeitung feierte (schließlich ohne Kondom- aber mit Luftballonbeilage) die legendäre Gummibärchenausgabe Phoenix 27 (mit echter Gummibärchenbeilage). Epische Abenteuergeschichten aller Genres, wilde Lehrercomix, Gänseblümchenaufkleber und lila Gedichte machten die Phoenix legendär und bescherten ihr eine begeisterte Leserschaft. Vom Revolverblatt zum Rockstarstatus eben. So richtig drugs, sex and alcohol, Groupies, Goldkettchen und Stretch-Limousine inklusive. Doch unsere Erinnerungen an diese Zeit sind zugegebenermaßen etwas lückenhaft.

Spuren des „Goldenen Zeitalters“ findet man erstaunlicherweise noch immer: Der Phoenix-Globe, die Gerüchteküche, die Grüßeseiten der Redaktion, der Phoenix-Briefkasten und natürlich der V.i.S.d.P. wurden von uns der Phoenix hinterlassen. Das freut uns sehr. Schön, dass sich ein paar Dinge als so langlebig erwiesen haben.

Wenn wir uns zum Jubiläum was wünschen könnten, dann wären das wohl die Rückkehr der lila Seite mit eigenen Gedichten und kleiner aber feiner Kunst, mehr Lehrergeschichten und Fortsetzungsromane und selbstverständlich die Auferstehung der legendären Comix.

Wir hoffen also inständig, dass ein oder mehrere begnadete Zeichner wieder ihren Weg in die Redaktion finden.

Phoenix-GeierWo wir schon beim Hoffen und Träumen sind, gibt’s hier unser Wundermittel für die Phoenix: weniger Computer und mehr Handarbeit, weniger Einzelkämpfer und mehr Teamarbeit, mehr Liebe und weniger Krieg. Aber bevor die alten Säcke jetzt vollends sentimental werden, machen wir jetzt lieber Schluss.

Der Phoenix alles, alles Gute für ihre nächsten 50 Ausgaben! Euch, der neuen Redaktion, weiterhin viel Erfolg und noch mehr Spaß mit dem schrägen Vogel!

Christian und Sebastian
mit André, Chris und Florian

Phoenix-Redaktion heute

v.l.n.r.: Sebastian Behringer, heute Informatiker; André Schume, heute Kameramann; Florian Vocke, heute Versicherungskaufmann; Christian E. Rieck, heute wissenschaftlicher Mitarbeiter; und Chris Tomas, heute Fernsehredakteurin.

 
 


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