No name
Gegen Ende meiner Schulzeit habe ich oft stundenlang in meinem Zimmer gesessen und gemalt – meistens waren es Aquarelle oder kleine verspielte Kritzeleien, hergestellt unter Einsatz von Wasserfarben und vieler bunter Stabilo-Stifte.
Eine der Zeichnungen schenkte ich 1995 meiner Mutter, die es dann als Bild rahmte und stolz in unserem Wohnzimmer an die Wand nageln liess. Dort hängt es heute nach 12 Jahren noch immer.
Mein Vater hat vor einigen Wochen einer Bekannten von diesem Bild erzählt und ihr versprochen, eine Kopie zu schicken. Bevor er das tat, bat er mich um Erlaubnis, es einzuscannen. Außerdem nutzte er die Chance mehr zu erfahren, über die Entstehung des Bildes, das meiner Mutter so gefallen hat.
Er: Manfred, ich hab das mal hier ausgedruckt. Woher kam eigentlich die Inspiration für das Bild..?
– Das war eine Assoziationskette, ich habe…
Er: Weisst Du, woran es mich erinnert?
– Äh, nein..?
Er: An die Eckcouch.
– Aha?
Er: … da sind doch auch die Formen und Kurven und Farben …
– Also, eigentlich habe ich nur hier oben angefangen und …
Er: … hattest Du eine konkrete Vorstellung von Figuren, die Du darstellen wolltest?
– Nicht direkt, ich habe immer nur assoziativ Striche und Kurven aneinandergesetzt und …
Er: Für mich sieht das aus wie ein Gesicht, und hier steht eine Figur.
– OK, wie gesagt, die sind zufällig …
Er: Wie findest Du die Qualität des Ausdruck?
– Naja, es ist halt mit dem …
Er: Der ist gut, oder?
– … Laserdrucker …
Er: Soll ich’s Dir schicken?
– Was?
Er: Soll ich’s Dir schicken, das Bild?
– Ach so, also … ja, … kannst Du machen …
Er: Wie ist der Titel?
– Oh, das hat keinen Titel…
Er: „keinen Titel“ (fängt an zu tippen)
– *seufz*
Er: Gut, ist raus.